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Symbol für Fleiß und Ordnung
Der Schurz war vielerorts bis in die Sechziger Jahre wichtigste
Alltagsbekleidung
Kaum ein Kleidungsstück ist zum "Schaffen" besser geeignet
als die Schürze. So wundert es nicht, dass im Land der Schwaben
"der Schurz" gebietsweise noch bis in die sechziger Jahre
als wichtigste Alltagsbekleidung bei Frauen wie Männern galt,
besonders auf dem Land.
"I moin immer, i wär net ganz ââzoge,
wenn i koin Schuuz ââhan." Frau M. ist nicht die
einzige Frau ihrer Generation, der es so geht. Die 85-jährige
Bäuerin von der Alb hat ihr Leben lang Schürzen getragen.
Früher, so sagt sie, war "der Schurz" die Hauptbekleidung.
Und das hatte seinen guten Grund. Für die meisten ländlichen
Familien, die wenig Bargeld zur Verfügung hatten, zählte
Kleidung bis weit über den Ersten Weltkrieg hinaus zu den teuren
Anschaffungen, auf die am ehesten verzichtet wurde. Es galt daher,
die wenigen Kleidungsstücke, die man besaß, vor Verschmutzung
und Verschleiß zu schützen. Und das ging am besten mit
der Schürze. Durch die Schürze geschont, musste die Kleidung
weniger oft in die Wäsche, was ebenfalls zu ihrer Schonung beitrug.
Denn vor der Verbreitung der Waschmaschine setzten ihr Waschbrett
und grobe Bürste zu.
Die Werktagskleidung wurde üblicherweise drei Wochen getragen,
nur die Schürze wurde öfter gewechselt, denn die konnte
man mühelos auswaschen. Jede Landfrau hatte genügend Halb-
oder Latzschürzen zum Wechseln, aus jeder Stoffart, grob oder
fein, und für jede Tätigkeit, ob im Haus, Stall, Dorf oder
Feld. Für draußen gab es die Feld-, die Kartoffel-, die
Stall-, die Melk-, die Ernteschürze. Für die Arbeit im Haus
standen die Spül-, die Back-, die Kochschürze zur Verfügung.
Selbst Schürzen wurden geschont, indem man eine zweite darüber
band. Nicht nur die helleren, in der Küche getragenen, bedeckte
man mit einer solchen "Überbindschürze". Das selbe
Verfahren wurde auch bei grobschmutzenden Arbeiten angewandt, etwa
beim Kartoffelklauben. Gingen sie hingegen ins Dorf zum Einkaufen,
war der saubere Schurz sichtbares Zeichen eines ordentlichen Hauswesens.
Auch die Männer schonten Hemd und Hose mit einer Arbeitsschürze.
Ein Bauer besaß im Durchschnitt zwei bis drei blaue Latzschürzen
für die Stall- und Feldarbeit sowie eine saubere, die ausschließlich
zum Repräsentieren in der Öffentlichkeit getragen wurde.
Dort hatte er seinen "frischen guten" umgebunden, daheim
tat es ein geflickter Schurz.
Zum sonntäglichen Frühschoppen im Wirtshaus trugen Männer
teilweise noch bis in die 1940er Jahre hinein den sauberen blauen
Schurz. Sauber beschürzt wurde auch der Gang aufs Rathaus erledigt.
Hierbei wurde ein Schürzenzipfel hochgesteckt, ein männerspezifisches
Zeichen dafür, dass im Moment die Arbeit ruht. Männer nutzten
Schürzen auch, um soziale Unterschiede zu signalisieren. So hatte
der "Herrenbauer", der Besitzer eines stattlichen Hofes,
immer eine weiße Leinenschürze, den Garbenbinderschurz,
um. Die Schaffschürzen wurden getragen, "bis se hee gsai
send", in der Regel also drei bis vier Jahre. Die Neuanschaffung
erfolgte meist im saisonalen Rhythmus. Das Anfertigen von Kleidung
und Schürzen war vorwiegend Winterarbeit. Höchstens zwischen
"Heiet und Ernte" fanden die Frauen Zeit, sich ums Nähen
zu kümmern. Den Schnitt nahm man einfach von einer alten Schürze
ab. Eine Halbschürze brauchte überhaupt keinen besonderen
Schnitt. Teilweise kam auch die Näherin ins Haus oder die Frauen
brachten die Sachen zu ihr, denn sie besaß eine Nähmaschine
und manchmal auch den nötigen Stoff. Auf der Ulmer Alb gab es
noch um 1940 Hässchneiderinnen, die neben der Aussteuer auch
Schürzen und Kinderkleidung anfertigten.
"Zieh dein Schlamperschurz a." Diesen Satz hörten
bis in die 50er Jahre viele Mädchen, besonders auf dem Land.
Sie wussten gleich, was damit gemeint war: Schaffen. Das Umbinden
der Schlamperschürze war ein sichtbares Zeichen kindlicher Arbeit,
das auf künftige Rollen in Haus und Hof vorbereitete. Nur die
Mädchen hatten einen "Schlamperschurz", genäht
aus abgetragenen Kleidungsstücken der Erwachsenen. Die Buben
kannten das "Bubenschürzle". In seiner Form erinnerte
es an einen zu üppig geschnittenen Latz. Mit Eintritt in die
Schule durften die Knaben das Kindheitszeichen Bubenschürzchen
ablegen. Die Mädchen aber mussten auch zum Unterricht in einer
Schürze, nun der besseren Schulschürze, erscheinen. Während
sich den Knaben mit dem Ablegen der Schürze also der Aufbruch
ins Erwachsenenalter verdeutlichte, blieb den Mädchen diese Sitte
verwehrt. Das Schürzentragen zog sich wie ein roter Faden durch
das Leben der Frauen. Im Trauerfall banden sie die schwarze Schürze
um, unter denen die Lüsterschürze aus wollenem Mischgewebe
der Klassiker war. Eine Appretur steifte die Stoffoberfläche
leicht und erzeugte einen Glanz, den "Lüster". Schwarze
Lüsterschürzen waren vor allem um 1900 als Halbschürze
auf dem Land weit verbreitet. Man trug sie auch als Sonntagsschürze.
Für Trauerfälle schrieb die Kleiderordnung den Frauen ein
Jahr Volltrauer vor, der die Abtrauer folgte. Das bedeutete, dass
auch zum Arbeiten im Haus oder auf dem Feld dunkle oder schwarze Schürzen
umgebunden wurden. So waren bis nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitende
Frauen in dunkler Kleidung und darüber gebundener dunkler Schürze
ein alltägliches Bild. An Sonn- und Feiertagen griffen die Frauen
zur feinen, weißen Sonntagsschürze, die überwiegend
nachmittags im Haus getragen wurde. Mit der Arbeit hatte die Sonntagsschürze
nichts zu tun. Sie galt als reines Schmucktextil. Susanne Helliosch
Aus: Südwestpresse vom 1. Juni 2002
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