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Markgröninger Schäferlauf
Württembergs ältestes Heimatfest
... ist das Ereignis, das die Stadt selbst über die Grenzen
Deutschlands hinaus bekannt gemacht hat. Heute noch findet jährlich
am letzten Augustwochenende der Wettlauf der barfüßigen
Schäfer und Schäferinnen über das Stoppelfeld statt.
Eine ganze Reihe von Sagen ranken sich um den Ursprung des Festes,
der im geschichtlichen Dunkeln liegt. Allesamt berichten sie von
der Gestalt des „treuen Schäfers Bartel“, zu dessen
Ehren ein württembergischer Graf das Fest gestiftet haben soll.
1445 wird in den Rechnungen des Heilig- Geist-Spitals ein Jahrmarkt
erwähnt. Unter der Ausgabenrubrik liest man dort, dass an“
sanct Bartholomeustag, dem 24. August, für die Ordensbrüder
samt Gesinde seckel, messer, nestel nach gewonheit dez huß
gekauft wurden“. Nestel aus (Schafs-)Leder verwendete man
früher als Hosennestel oder zum Verschnüren der Mieder.
Stadthistoriker Heyd stellte über die Ledernestel eine Verbindung
zum Schäferlauf und dem Schäferpatron Bartholomäus
her. Letzterem wurde während seines Martyriums die Haut abgezogen.
Rote, gelbe und blaue Lederstreifen werden heute noch als Festabzeichen
verteilt. Den Bartholomäusmarkt – der zeitweise den Charakter
einer großen Messe hatte – gibt es noch heute in Verbindung
mit dem Schäferlauf.
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Die Markgröninger Schäfertanzgruppe
beim Hahnen- oder Bechertanz;
Fotos: Stadt Markgröningen
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Den Auftakt der mehrtägigen Festveranstaltung bildet freitags
das Leistungshüten, ohne das heute kein Schäferfest mehr
stattfindet. Hier geht es um den Nachweis beruflicher Fertigkeiten,
wobei die Schäfer mit ihren Hunden eine fremde Herde hüten
müssen. Eine Richterkommission beurteilt die Führung der
Herde und die Leistung der Hunde auf einer festgelegten Triebroute
entlang einer Straße, auf einem Feldweg, über eine Brücke,
...
Diese Wettkampfform hat ihren Ursprung in der Schäferhundezucht.
Im Rahmen des Schäferlaufs wurde sie in Markgröningen
erstmals 1937 ausgetragen, nachdem der Ausbruch des 1. Weltkrieges
und die folgende Wirtschaftdepression eine für das Jahr 1914
ins Auge gefasste Premiere zunichte gemacht hatte.
Der heutige Festablauf geht auf die Schäferordnung Herzog Eberhards
III. aus dem Jahr 1651 zurück.
Am Samstagmorgen wird der Ludwigsburger Landrat als Nachfolger des
Markgröninger Vogtes, an der Stadtgrenze abgeholt und feierlich
zum Rathaus geleitet. Nach der Begrüßung des Ehrengastes
mit einem Ehrentrunk werden nach alter Tradition Zunftfahne und
Zunftlade dem Vorsitzenden des Landesschafzuchtverbandes für
den Tag ausgehändigt. Dies symbolisiert die Einwilligung der
Obrigkeit zur Abhaltung des Festes.
Nach dem Festgottesdienst in der Bartholomäuskirche zieht ein
farbenfroher Festzug durchs Obere Tor hinaus zum Stoppelfeld. Dort
werden verschiedene Wettspiele wie Sacklaufen und Wassertragen ausgefochten.
Bei Letzterem gilt es, mit einem wassergefüllten Holzkübel
auf dem Kopf über das Stoppelfeld zu eilen. Wer von den Teilnehmerinnen
als erste das Wasser in dem am Ziel aufgestellten Zuber schüttet,
ist Siegerin. Der sich anschließende Hahnentanz geht ebenfalls
auf altes Brauchtum zurück. Mädchen und Burschen tanzen
um eine aufgepflanzte Stange, auf der in einem Korb ein Hahn sitzt.
An einem Galgen hängt ein hölzerner Teller, auf dem ein
mit Wasser gefüllter Becher steht. Im Walzertakt werden die Mädchen
von ihren Partnern und diese wiederum von den Mädchen emporgehoben,
um mit dem Kopf den Teller zu berühren und den Becher zu entleeren.
Die Kunst besteht darin, dabei nicht nass zu werden. Dem Siegerpaar
winkt als Preis der Hahn. Nun kommt der Festhöhepunkt: der Schäferlauf.
Zuerst laufen die Schäferinnen, dann die Schäfer barfuß
über das Stoppelfeld im Wettstreit um die Schäferkrone.
Der Landrat krönt die Sieger, die ein Jahr lang die Ehre haben,
Schäferkönigin und Schäferkönig zu sein, und überreicht
als ersten Preis ein Schaf. Dieser alte Brauch hat einen durchaus
praktischen Bezug, wenn man bedenkt, dass ein Schäfer schnell
genug sein sollte, ein flüchtendes Schaf wieder einfangen zu
können.
Den Abschluss bildet der Markgröninger Schäfertanz –
1925 erstmals aufgeführt – zur Huldigung des Königspaares.
Seit Jahrhunderten kommen nun die Schäfer aus dem ganzen Land
in die Schäferlaufstadt, zunächst aufgrund ihrer Anwesenheitspflicht
bei der Zunftversammlung, in deren Rahmen Gericht gehalten, Streitigkeiten
geschlichtet und Lehrlinge losgesprochen wurden. Ursprünglich
gab es im Herzogtum Württemberg nur eine einzige Zunftlade,
und diese stand in Markgröningen. 1723 wurde das Herzogtum
in vier Zunftbezirke eingeteilt, mit drei Nebenladen in Heidenheim,
Urach und Wildberg. In diesen Städten wird heute im Zweijahresrhythmus
ebenfalls ein Schäferlauf abgehalten. Nach Aufhebung der Zünfte
im Jahr 1828 übernahm die Stadt die Ausrichtung des Festes,
das sich seither auch die Förderung der Schafhaltung und des
Naturschutzes zum Ziel setzt.
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Schäferkönigin und Schäferkönig,
die Sieger des Schäferlaufs
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Eine lange Tradition hat auch das Festspiel „Der treue Bartel“,
das seit fast hundert Jahren an den Festtagen aufgeführt wird.
Es berichtet von der legendären Gestalt des treuen Schäfers
Bartel, zu dessen Ehren ein württembergischer Graf das Fest
gestiftet haben soll. Der Gewissenhaftigkeit und der Treue dieses
Schäfers zu seinem Herrn setzte 1909 der ehemalige Stadtpfarrer
Albert Esenwein mit diesem Theaterstück ein Denkmal.
Zum Auftakt am Sonntag erschallt Blasmusik des Posaunenchors vom
Turm der Bartholomäuskirche herab. Wieder zieht ein farbenprächtiger
Zug durch die geschmückten Gassen zum Stoppelfeld hinaus, auf
dem dann die Jugend um die Königswürde ringt. Die Ursprungssage
des Schäferlaufes wird vom Festspielensemble beim „Schäferfest
auf dem Stoppelfeld“ – durch zahlreiche Wettspiele für
Kinder unterbrochen – dargestellt. In der Tradition der Schäferei
steht auch der 1994 eingerichtete Schafhaltungsfonds.
Durch zweckgebundene Zuschläge auf Eintrittskarten und Plaketten
trägt jeder Festbesucher dazu bei. Mit dem Fonds wird als wichtiger
Beitrag zum Naturschutz die Schafhaltung auf Markgröninger
Markung unterstützt.
Wer nicht den Darbietungen auf dem Stoppelfeld beiwohnt, kann Erzeugnisse
und Produkte der heimischen Schäferei auf dem Schäfermarkt
vor Ort verzehren und erwerben oder im Handwerkermarkt beim Oberen
Tor Vorführungen traditioneller Handwerkstechniken verfolgen.
Wie zu alten Zeiten, als das Zunfttreffen mit Tanz und Volksbelustigung
einen (für die Obrigkeit manchmal allzu) fröhlichen Abschluss
fand, herrscht in der Stadt bis in den frühen Morgen hinein
ein buntes Treiben in den Gassen, den Gasthäusern und auf dem
Vergnügungspark. (R)
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