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Husch, husch ins Körbchen

Von Busenbinden, Korsetts und Büstenhaltern
Meide Niepelt/hasp

Es gibt ihn in 75C, 80B, 95E und vielen weiteren Größen, in weiß, schwarz, rot oder geblümt, aus Baumwolle oder Spitze, sportlich oder erotisch - der BH ist heute aus dem Kleiderschrank der Frau kaum mehr wegzudenken.
Bereits die alten Griechinnen und die Römerinnen wickelten sich eine schlichte Busenbinde, meist aus Leder, aber auch aus rotem, grünen, blauen oder violetten Stoff, um den Oberkörper. Das sogenannte Strophion gab, unterhalb der Brust angelegt, den erwünschten Halt, oder sollte, über den Busen gewickelt, verhüllen und das Wachstum einschränken. Die Römerinnen trugen das Strophion in Kombination mit slipähnlichen Höschen außerdem zum Sport und zeigten damit genauso viel Haut, wie manch sportliche Frau von heute.
Danach spielten die Vorgänger des Büstenhalters lange Zeit kaum eine Rolle mehr. Gab es im Mittelalter keine bruststützende Kleidungsstücke, kümmerte sich von der zweiten Hälfte des 16. bis Ende des 18. Jahrhunderts das Korsett oder ein versteiftes Oberteil wieder um die weibliche Brust. Der Körper wurde mit Gewalt in Form gebracht, was zuviel war, wurde weg geschnürt. Auch im umgekehrten Fall, bei eher kleinem Brustumfang, wurde bereits Abhilfe geschaffen. Anstatt wie heute zu wattierten BH’s oder Silikon, griff frau zu falschen Brüsten aus der Busenfabrik, in der auch andere Prothesen gefertigt wurden.
Um 1800 wurden die Frauen ihres geschnürten Oberteils entledigt. Vorübergehend orientierte man sich an der Brustbinde antiker Vorbilder. Unversteifte Brustleibchen kamen in Mode. Aber schon zwanzig Jahre später zwängte man den Frauenkörper wieder ins Korsett, und der BH-Vorläufer war nur von Nöten, wenn der Busen klein war. Dann wurde das gute Stück wattiert und über dem Korsett angelegt. Eine stützende Funktion hatte er noch nicht.
Mit der Jahrhundertwende gab es zaghafte Versuche, Frauen und Männer für körperfreundliche Reformkleider zu begeistern. Zwar hatten diese formlosen Kleider wenig Erfolg, die wiederentdeckten unversteiften Brustleibchen und der vergleichsweise locker sitzende Hüftgürtel konnten sich allerdings langsam durchsetzen. Wenig später folgten erste Patentanmeldungen. Ein böhmischer Industrieller meldete 1891 das erste Patent für einen „Büstenhalter“ an. Es folgte das Patent für ein „Frauenleibchen als Brustträger“ im Jahre 1899. Der bekannte „Hautana-Brusthalter“ wurde 1912 als „Brusthalter, ohne Versteifung auf der Haut zu tragen“ patentiert.
Trotz dieser innovativen Ideen, hielt sich das Korsett noch in den Kleiderschränken der Frauen. Zu diesem trug die Korsettträgerin teilweise auch die sogenannte Busenattrappe: eine Draht-Stoff-Konstruktion, die nach Belieben in Form gebogen werden konnte und damit zu einem Traumbusen verhalf.
Als das Korsett mit Ende des ersten Weltkrieges fast vollständig verschwand, etablierte sich der Büstenhalter mehr und mehr. In den goldenen Zwanzigern waren weibliche Kurven out und der Busen hatte flach zu sein. Breite, formlose Büstenhalter kaschierten die Brust. Ganz konsequente Garconne-Damen zogen allerdings vor, ganz auf derartige Kleidungsstücke zu verzichten. Doch schon in den 30ern waren wieder üppigere Formen gefragt: ein rüschen- oder spitzenbesetzter Büstenhalter formte die Brüste spitz und trennte sie deutlich voneinander. Dicht nebeneinander liegende Körbchen schufen in den Fünfzigern eine kissenförmige Büste, ganz im Busenlook von Marylin Monroe. Der Büstenhalter veränderte sich in den folgenden Jahren nur wenig. Nur der Verschluss vorne erfreute sich zunehmender Beliebtheit - vielleicht weil die Männer auch schon damals mit den BH-Verschlüssen nicht ganz zurecht kamen. Zur Zeit der Achtundsechziger wanderte der BH reihenweise in die Mülltonnen. Die Emanzipationsbestrebungen der Frauen schlugen sich auch im Umgang mit ihrer Unterwäsche nieder. Der Büstenhalter war als Symbol patriarchaler Unterdrückung aus den Kleiderschränken verbannt.
Heute gehört der BH längst wieder zur weiblichen Grundausstattung. Deutsche Verbraucherinnen kauften sich 1997 im Schnitt zwei neue BH’s und gaben insgesamt 1,6 Milliarden Mark dafür aus. Für jede Gelegenheit den ‘richtigen’ im Schrank zu haben, gehört heute dazu, damit sich die körper- und modebewußte Frau in ihrer Haut wohl fühlen kann. Der Büstenhalter ist heute mal Reizwäsche, mal Wonderbra, mal notwendige oder nützliche Unterwäsche, wenn er ‘nur’ hält, was frau ihm anvertraut. Er stützt, verhüllt, präsentiert, verführt. Ein BH ohne Tragekomfort ist nicht (mehr) denkbar. Neue nahtlose Büstenhalter aus Mikrofasern und solche, die sich durch die Körperwärme exakt anschmiegen, liegen derzeit im Trend. Eine Renaissance einengender Dessous im Stile des Mieders und des Korsetts scheint nicht anzustehen. Die Geschichte des BH ist dennoch längst nicht abgeschlossen, und es bleibt abzuwarten, was sich Mann und Frau in Zukunft zu diesem Thema einfallen lassen werden. 
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