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Berichte
Bericht des Jugendwochenendes der Heimatzunft
vom 18.-20. September 1998 in Friesenheim
7. Internationales Fahnenschwingertreffen 1998
Musikantentreffen im Herbst 1998
Landespreis für Heimatforschung 1998 vergeben
"Ohne Gerechtigkeit keine Freiheit!"
Heimat-Illusionen
Bericht des Jugendwochenendes der Heimatzunft
vom 18.-20. September 1998 in Friesenheim
Nachdem alle Teilnehmer im Laufe des Freitagabends doch noch in der
Hinteren Dorfstraße eingetroffen waren, wurde erst einmal ausgiebig
zu Abend gegessen. Darauf folgte der gemeinsame Gang zum Bürgerfest
in Friesenheim. Nach einigen vergnüglichen Stunden bei Schlagermusik
und anderen Dingen, saßen wir anschließend noch selber
singend und mit Theatereinlagen in unserem Quartier zusammen.
Nach viel zu kurzer Nachtruhe zwangen sich alle zum Frühstückstisch,
denn es stand schließlich der Besuch des Europa-Parks auf dem
Programm. In kleinen Gruppen hatten wir viel Spaß mit den Angeboten
des Parks, wie z.B. Euro-Mir und Euro-Sat. Das anschließende
Abendessen wurde uns dann von unserer 1. Vorsitzenden, Susanne Schmidt
höchstpersönlich zubereitet, was aber nicht verhindern konnte,
daß der Abend eher ruhig, aber trotzdem gemütlich bei einigen
Tänzchen und Liedern verlief. Etwas mehr Spannung versprachen
sich wohl fünf weibliche Teilnehmerinnen, die mit einem nächtlichen
Ausflug das Dorffest wiederholt unsicher machen wollten. Glücklicherweise
waren aber dann auch die letzten Teilnehmerinnen derartig müde,
daß sie trotz fürchterlichem Schnarchen einiger Teilnehmer
einschlafen konnten. Die Anstrengungen des Samstages wurden am Sonntag
durch Ausschlafen und mit einem ausgiebigen Frühstück mit
vielen Geschichten aus dem täglichen Leben und von früheren
Veranstaltungen ausgeglichen. Danach wurde auch noch das gemeinsame
Reinigen unserer Unterkunft bewältigt und dieses wunderschöne
Wochenende endete gegen 15 Uhr mit den gewohnten und allseits bekannten
Hysterien...
Geschrieben von einigen weiblichen und männlichen Teilnehmern
des Wochenendes.
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7. Internationales Fahnenschwingertreffen 1998
in St. Martin im Sulmtal/Österreich
Alle 2 Jahre findet auf europäischer Ebene ein kleines, aber
sehr edles Treffen von Fahnenschwingern statt. Der Zweck dient ausschließlich
dem Kennenlernen und der Freundschaft.
Vom 29.05. bis 31.05.98 fand dieses Treffen in St. Martin im Sulmtal
statt. 14 Fahnenschwingergruppen, oft begleitet mit kleiner Musikbesetzung
gaben sich die Ehre:
Volkskunstgroep Boerke Naas, Belgien
Volkskunstgroep Draposmaaiter, Belgien
Fanfarenzug Niederburg, Deutschland
Kremper Fahnenschwenker, Deutschland
Hohenloher Gau, Deutschland
Showteam '54 united, Deutschland
Li Cardelina, Frankreich
Torre dei Germani, Italien
De Schanskloppers, Niederlande
Sint Martinusgilde, Niederlande
St. Switbertus, Niederlande
Klagenfurter Fahnenschwinger, Österreich
Volkstanzgruppe St. Martin, Österreich
Obwaldner Fahnenschwinger, Schweiz
Die Konditionen für dieses Treffen sind einfach: Der Ausrichter
eines Treffens stellt die Unterkünfte zur Verfügung (meistens
Privatunterkünfte oder auch Massenlager) und sorgt für die
Organisation der Veranstaltung. Die Teilnehmer reisen auf eigene Kosten
an und verpflegen sich selbst.
In St. Martin, einer kleinen Gemeinde in der Nähe der Landeshauptstadt
Graz, in der es sich lohnt, Urlaub zu machen, ist diese Organisation
eindrucksvoll gelungen.
Bereits die Ankunft am Freitagabend und der Empfang der Gäste
fand mit großer Herzlichkeit und dem typischen österreichischen
Charme statt. Untergebracht in Privatquartieren lernten die meisten
Fahnenschwinger gleich die örtlichen Weine kennen. Kennt ihr
einen Schilcher-Wein? Nein? Da habt ihr aber was Gutes verpaßt.
Oder kennt ihr das berühmte Kürbiskern-Öl? Nein? Sehr
zu empfehlen!
Am Samstagvormittag zeigten die Fahnenschwinger auf verschiedenen
Plätzen in der Altstadt von Graz ihre Künste. Gegen Mittag
fand in den Repräsentationsräumen der Grazer Burg ein Empfang
statt, zu dem Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic eingeladen hatte.
Preisend mit viel schönen Reden ..., aber nicht zu lang und nicht
zuviel. Vielmehr lang und viel war das Büfett. Die Landesregierung
hatte sich mächtig ins Zeug gelegt. In heiterer und lockerer
Atmosphäre lernten die Fahnenschwinger nachmittags Graz kennen.
Der Abend stand dann ganz im Zeichen des Fahnenschwingens. Zuerst
der Festumzug mit allen Teilnehmern, dann der Festabend in der Koralmhalle,
in der die Teilnehmer und vor allem der Gastgeber fahnenschwingerisch
brillierten. Der Abend endete mit der schon traditionellen, von allen
erwarteten Sondereinlage der Schanskloppers aus Lievelde.
Die Nacht war kurz, denn um 5 Uhr morgens knallten zur Überraschung
der Gäste die Peitschen der Volkstanzgruppe St. Martin zum traditionellen
Pfingstschnalzen. Traditionell fand dann auch am Sonntagvormittag
eine gemeinsame Messe in der Pfarrkirche in St. Martin statt. Wie
an Festtagen üblich, marschierte die Berg- und Hüttenkapelle
St. Martin im Umzug voraus. Ihr folgten die Fahnenschwinger und hielten
Einzug in das Gotteshaus.
Nach der Messe folgte die nächste Überraschung. Ein von
Werner Schimpel entworfenes Erinnerungsprojekt wurde unter Teilnahme
zahlreicher Ehrengäste und natürlich unter Mitwirkung der
Fahnenschwinger am Kirchplatz errichtet. Danach formierten sich die
Gruppen zum Festumzug durch St. Martin. Kaisermarsch und Kaiserwetter
sind zwei Komponenten, die den Erfolg garantieren. In St. Martin hatten
die Organisatoren Bürgermeister Josef Steiner und Reinhard Riedmüller
von der VTG St. Martin alles fest im Griff.
Die große Abschlußkundgebung fand auf dem Kirtaplatz statt.
Ein Bild , das nicht nur die Zuschauer, sondern auch die anwesende
in- und ausländische Presse sowie das Österreichische Fernsehen
begeisterte.
Der Sonntagnachmittag diente dann mit einem gelungenen Rahmenprogramm
der Entspannung.
Alles in allem war dieses Fahnenschwingertreffen für alle Teilnehmer
ein unvergeßliches Erlebnis bei dem das Fahnenschwingen, das
Kennenlernen von Land und Leuten und auch die Pflege von persönlichen
Kontakten im richtigen Verhältnis standen.
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Musikantentreffen im Herbst 1998
Musikantentreffen im alten Dürrwanger Rathaus ... das war schon
vom Hörensagen her eine ganz besondere Angelegenheit, denn mit
was für einer Begeisterung unsere Volksmusikanten von diesen
Veranstaltungen immer wieder berichteten, war für alle Nichtvolksmusikanten
nicht nachzuvollziehen.
Im Lehrgangsheft für 1998 tauchte erstmalig in Verbindung mit
dem Musikantentreffen neben Geigen, Sackpfeifen, Kontrabaß,
Drehleiern, Flöten und Gitarren ein Instrument auf, das bisher
bei den Musikanten wohl wegen seiner geringen Größe und
auch der relativ geringen Lautstärke übersehen wurde; die
Mundharmonika!
"MUNDHARMONIKA" stand da also im Programmheft, und ich erinnerte
mich sofort, daß ich doch Besitzer von ein oder auch zwei solcher
Instrumente bin, die irgendwo in einer Schublade eingemottet schlummerten,
und schon viel zu lange nicht mehr gespielt wurden.
Nun soll sich einer wie ich, der sich lieber zu den Anfängern,
als zu denen, die schon angefangen haben zählte, zu einem Musikantentreffen
anmelden? Und wer weiß, wie viele Mundharmonika-Profis an diesem
Wochenende das Dürrwanger Rathaus stürmen werden, und unsereiner
wird dann sang- und klanglos, im wahrsten Sinne des Wortes, untergehen
(so daß dann für mich nur noch die Theke übrig bleiben
wird).
Im Nachhinein habe ich in nachmitternächtlichen Gesprächen
mit anderen Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen erfahren, daß ich
mit den oben erwähnten Befürchtungen nicht alleine war.
Ich weiß nicht, woher ich den Mut nahm, doch füllte ich
das Anmeldeformular, vermutlich wegen seiner übersichtlichen
Größe aus (Formulare sind mir ein Greuel) und schickte
es los. Das war Anfang des Jahres 1998.
Die ganze Sache hatte ich schon fast vergessen, um so jäher wurde
ich dann im Frühherbst mit der Rechnung, also der Bestätigung
meiner Anmeldung für das Musikantentreffen überrascht, und
wie nahe der Termin war, wurde mir erst jetzt bewußt. Die Gedanken,
der Zweifel bezüglich meiner musikalischen Fähigkeiten waren
auch noch nicht verflogen, denn mit dem Üben hatte ich auch noch
nicht begonnen und die Instrumente lagen noch immer unberührt
in der Schublade. Doch ich gelobte mir hoch und heilig Besserung und
so habe ich es dann doch noch geschafft vor dem 30.10.98 einmal zu
üben. So bin ich dann mit Christine, Sandra und Achim nach Frommern
gefahren.
Dort angekommen wurde mir dann nach der Quartierverteilung und dem
Abendessen an Hand eines mir noch unbekannten Liedes klargemacht (Mo
send denn d' Spielleut?!?! -für alle nicht Westälbler ist
'Mo' durch 'Wo' zu ersetzen - , wie sich die Spielleute üblicherweise
(was die Arbeitsauffassung anbelangt) verhalten, bzw. wie sie sich
zu verhalten haben. Dann ging es aber gleich zur Sache. Das heißt,
die verschiedenen Instrumente mit den dazugehörigen Spielern
wurden mit den entsprechenden Referenten in Spielgruppen eingeteilt.
Unser Referent für die Mundharmonika war Walter Buchinger, ein
Harmonikalehrer von der Landesmusikschule Laarkirchen in Oberösterreich.
Unsere Gruppe bestand sowohl aus einigen Musikanten, die die Mundharmonika
als Zweitinstrument spielten, als auch einigen Anfängern. Herr
Buchinger hatte sich auf einen Kurs nach Noten vorbereitet, jedoch
stellte er bald fest, daß sich hier fast ausschließlich
Mundharmonikaspieler befanden, die nach dem Gehör spielten. Also
konnte er seine in mühsamer Nachtarbeit vorbereiteten Notenblätter
beiseite legen und den Kurs ohne Noten beginnen (ich hatte schweigenderweise
auch nichts dagegen).
Wir begannen mit dem Kurs und Walter Buchinger zeigte uns die verschiedenen
Mundharmonikas aus seinem Koffer und auch die vielfältigen Spieltechniken.
Wir übten dann beginnend mit Tonleitern, Kinderliedern und Wanderliedern
und versuchten dann einfache Weisen nachzuspielen.
Was aus einer Mundharmonika alles herauszuholen ist, zeigte uns Herr
Buchinger im Laufe des Kurses mehrmals. Dies muß sich auch irgendwie
im Haus herumgesprochen haben, denn immer öfter wurden wir von
Spielern anderer Instrumente besucht, die dann mit glänzenden
Augen dasaßen und verträumt lauschten.
Daß die Abende in der Wirtschaft des Freizeitheimes nicht gerade
kurz werden, habe ich auch schon bei Volkstanzlehrgängen erfahren,
doch für Musikanten ist wohl auch in dieser Disziplin noch eine
Steigerung möglich. Wir saßen an den Tischen und redeten
darüber, wo wir herkommen und über den vergangenen Tag.
Im Laufe der Zeit versammelten sich mehr und mehr Musikanten mit ihren
verschiedenen Instrumenten, um gemeinsam zu musizieren. Immer wieder
ging die Türe auf und ein weiterer kam dazu und die Stimmung
steigerte sich weiter. In diesen Situationen packt mich dann hin und
wieder eine weitere Leidenschaft, die Fotografie, denn in solchen
Augenblicken lassen sich tolle Aufnahmen machen. Dies hat Manfred
Stingel gesehen und mich dann zu späterer Stunde auserkoren,
auch noch einen Bericht über dieses Wochenende zu schreiben.
Nun war's passiert und unkontrollierte Gedankenblitze schossen mir
durch den schon etwas angeheiterten Kopf, denn wenn ich das schon
im voraus gewußt hätte, hätte ich mir noch einige
Notizen gemacht....
Am Samstagmorgen wurde dann auch wieder in den Spielgruppen fleißig
geübt. Beim Rundgang durchs Haus erklangen aus den verschiedenen
Räumen die unterschiedlichsten Instrumente. Paula Barth leitete
die Geigen, Jörg Neubert, Thomas Moßmann und Georg Balling
waren für Sackpfeifen zuständig und Atul Barth für
den Kontrabaß. Übung war auch nötig, denn am Sonntagmorgen
sollte jede Gruppe dann einige Stücke zum Besten geben.
Unterbrochen wurde unser Übungseifer am Nachmittag durch den
Besuch der Musikhistorischen Sammlung Jehle im Schloß Lautlingen.
Auch für jeden Nichtmusikanten ist eine Führung von Frau
Jehle empfehlenswert, die mit ihrer begeisternden Art durch das Schloß
mit den vielen Instrumenten führt. Unüblicherweise durften
die Instrumente sogar von den Besuchern gespielt werden. Da in unserer
Gruppe mehrere Spezialisten waren, ging Frau Jehle auch auf viele
Besonderheiten der teilweise sehr alten und daher auch sehr wertvollen
Instrumente ein.
Nach dem Nachmittagskaffee war dann der Vortrag von H. Dr. Wagner
über die Geschichte der Mundharmonika ein weiterer Höhepunkt.
Sein Vortrag umriß von den Ursprüngen dieses Instruments
um ca. 1820 bis in die heutige Zeit sowohl den Werdegang, die Entwicklung
als auch seine Verbreitung in der ganzen Welt. Die Mundharmonika wird
von Kindern und Erwachsenen gespielt und ist wegen ihrer geringen
Größe in mancher Hosentasche zu finden. Was in diesem "Arme-Leute-Instrument"
alles steckt, demonstrierte Herr Buchinger mit Zwischenspielen aus
den Sparten Klassik, Volksmusik und Unterhaltungsmusik. U.a. spielte
er die Filmmelodie aus "Spiel mir das Lied vom Tod"... (Rückseitige
Gänsehaut, Laufrichtung von oben nach unten).
Leider ist die Mundharmonika zur Zeit nicht mehr so populär,
denn die großen Mundharmonikaorchester gibt es nicht mehr und
die Produktionszahlen der Instrumente nehmen immer mehr ab. Doch sicher
gibt es innerhalb vom Schwäbischen Albverein einige tausend Mundharmonikaspieler.
Abends, nach erneut getaner Arbeit (üben), kam wiederum der gemütliche
Teil. Zu vorgerückter Stunde wurde festgestellt, daß Walter
Buchinger nicht nur auf der Mundharmonika ein Virtuose ist, sondern
daß sein Studium auch noch das Akkordeon umfaßte. Folglich
mußte er auch noch auf Drängen aller Anwesenden zeigen,
was er auf diesem Instrument "zu bieten hatte". Was dann
an die Ohren der Zuhörer drang, war nicht zu überbieten.
Das hatte zur Folge, daß einige andere Akkordeonspieler nur
noch kopfschüttelnd in der Runde saßen. Nach einem fernöstlichen
Nachmitternachtsmahl kam ich dann eine Viertelstunde früher ins
Bett als am Vortag (3.15 Uhr MEZ).
Am Sonntagmorgen war nach einer letzten Übungsstunde das Abschlußkonzert
angesagt. Hier zeigten nun die Gruppen mit Spielern im Alter von 9
bis 79 Jahren in verschiedenen Zusammensetzungen ihr ganzes Können.
Es waren Musikstücke aus dem Schwäbischen, dem Volkstanz,
Wanderlieder und spontan auch ein klassisches Stück mit Paula,
Öhrli und Walter zu hören. Alle Darbietungen wurden mit
viel Beifall belohnt und von Manfred Stingel war zu hören, daß
der Mundharmonikalehrgang keine einmalige Sache bleiben soll.
Ein herzlicher Dank an die Referentin und die Referenten, die ihr
Wissen auf einer Ebene - nicht von oben herab - weitergaben.
Das immer sehr gute Essen im Dürrwanger Rathaus ist zwar üblich,
jedoch nicht selbstverständlich, denn auch dies muß für
jeden Lehrgang neu organisiert sein. Ein herzlicher Dank an das Küchenteam!!!
und an den Lehrgangsleiter Manfred Stingel.
Helmut Koch
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Landespreis für Heimatforschung 1998 vergeben
Erst die Heimat befähigt uns, weltoffen die Fremde zu ergründen
und uns darin zurechtzufinden.“, so der Kultusstaatsminister
Rudolf Köberle bei der Verleihung des Landespreises für
Heimatforschung 1998.
Der Landespreis für Heimatforschung wird seit 1982 jährlich
verliehen und ist eine gemeinsame Stiftung der Landesregierung, der
Volksbanken und Raiffeisenbanken in Baden und Württemberg und
des Landesausschusses für Heimatpflege.
"Die wachsenden Anforderungen an Flexibilität, Mobilität,
Toleranz und Lernfähigkeit, die eine moderne Industriegesellschaft
an ihre Bürger stellt, scheinen zunächst in einem krassen
Widerspruch zu stehen zu der Gediegenheit, Bodenständigkeit und
Substanzialität, die wir mit dem Begriff der Heimat verbinden.
Doch ist Heimat nicht nur ein geographischer, sondern ebenso, wenn
nicht sogar vorwiegend, ein kultureller und geistiger Begriff. Mobilität,
Weltoffenheit einerseits und Heimatgebundenheit, Heimatverbundenheit
andererseits, schließen sich nicht aus - im Gegenteil - sie
stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. Verbundenheit mit der
Heimat kann nicht nur als räumliche Bindung an eine bestimmte
Ortschaft verstanden werden. Heimat ist vor allem Bindung an feste
Werte, Ideale und kulturelle Prägung, die wir zwar zunächst
in unserer ersten biographischen Heimat erfahren und erleben dürfen,
die wir als mobile und offene Bürger aber auch mit hinausnehmen
und die uns als Orientierungsmaßstab dienen können."
Dies erklärte Staatssekretär Köberle anlässlich
der Verleihung des Landespreises für Heimatforschung am 19. November
1998 in Stuttgart.
"Nur wer sich seiner Wurzeln bewußt ist, wird seine Identität
im weltweiten Wettbewerb der Regionen bewahren," hob Präsident
Erwin Kuhn vom Württembergischen Genossenschaftsverband hervor.
Das Anliegen der Volksbanken und Raiffeisenbanken sei es, die Vielfalt
unserer Landesgeschichte für eine breite Bevölkerung sichtbar
zu machen. "Nur mit starken Wurzeln treffen wir die Entscheidungen,
die unsere Zukunft sichern."
Heimatforschung trage erheblich dazu bei, ein Bewußtsein der
eigenen Identität und des eigenen Standortes zu erwerben. Es
gehe dabei nicht um eine Beschönigung und Idyllisierung vergangener
Verhältnisse, sondern um das Verstehen eines geschichtlichen
Entwicklungsprozesses. Heimatgefühle zu haben, sich räumlich
und persönlich in seiner nächsten Umgebung eingebunden,
angenommen und sich in den historischen Gegebenheiten verwurzelt zu
fühlen, und sich damit identifizieren zu können, sei ein
Urbedürfnis jedes Menschen, das geachtet und gefördert werden
müsse. Köberle: "In der Heimat erfahren wir Nähe,
finden wir Vertrautes und werden wir geprägt. Hier liegt für
uns die Wiege jeglicher Sozialisation und Kultur und es ist eine wertvolle
Aufgabe, die Geschichte dieser Kulturen unseres Seins zu erforschen
wie Sie, liebe Preisträger, dies in liebevoller Detailarbeit
getan haben."
"Die Schlacht um Crailsheim" heißt das von der Jury
mit dem Hauptpreis in Höhe von 10.000 DM ausgezeichnete Werk
des Autorenteams Hans Gräser, Horst Boog und Wilhelm Ehrmann.
Sie beschreiben den Vormarsch der amerikanischen Truppen im April
1945 anhand von Ortsberichten aus dem Altkreis Crailsheim.
Herr Hans Gräser, 1945 in Heidelberg geboren, hat alte Sprachen
und Geschichte studiert und ist seit 1980 Gymnasiallehrer in Crailsheim.
Seit 1994 ist er auch Fachbereichsleiter der Volkshochschule Crailsheim.
Herr Gräser hat diverse Aufsätze zur Ortsgeschichte von
Crailsheim und zur Landeskunde für den Crailsheimer historischen
Verein und das Oberschulamt Stuttgart verfasst.
Herr Horst Boog ist Jahrgang 1928 und war Leitender Wissenschaftlicher
Direktor beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt Freiburg und
dort zuständig für die deutsche und internationale Luftwaffen-
und Luftwegsgeschichte, zuletzt Leiter der Abteilung Forschung 2.
Weltkrieg.
Herr Wilhelm Ehrmann, ist Jahrgang 1930 und Rektor im Ruhestand. Er
erlebte die Kriegstage im April 1945 in seiner Hohenloher Heimat.
Er war Ausbildungslehrer an den Pädagogischen Hochschulen Ludwigsburg
und Esslingen und Schulleiter einer Grund- und Hauptschule in Esslingen.
Schwerpunkt seiner schulischen Arbeit war die Landesgeschichte.
In seinem Buch "Abtsdorf - ein ehemals deutsches Dorf in Siebenbürgen"
schildert der mit 2.500 DM ausgezeichnete Preisträger Michael
Konnerth Geschichte und Brauchtum, Leben und Arbeiten in seiner Heimatgemeinde.
Herr Konnerth ist 1939 in Abtsdorf in Siebenbürgen geboren. Er
hat dort die Volksschule und in Hermannstadt das Brukenthal-Gymnasium
besucht und an der Universität Jassy Geschichte und Philosophie
studiert. Er wirkte 22 Jahre als Fachlehrer für Geschichte und
Geographie und als Schulleiter in Honigberg. 1983 hat Herr Konnerth
seine siebenbürgische Heimat verlassen und ist jetzt in Bad Rappenau
als verantwortlicher Redakteur des Bad Rappenauer Heimatboten und
des Kurmagazins tätig.
Mit seinem Werk "Überleben im Zwielicht" ruft Dr. Hasso
von Haldenwang (ebenfalls mit 2.500 DM ausgezeichnet) Erinnerungen
an die Wildensteiner Jenischen wach. Herr Dr. von Haldenwang zeigt
auf, gegen welche fast unüberwindlichen Vorurteile, Widerstände,
aber auch Ängste die Wildensteiner Händler zu kämpfen
hatten, bis sie sich endlich so in die übrige Bevölkerung
integriert hatten, wie es heute der Fall ist. Herr Dr. von Haldenwang
ist 1942 in Schwäbisch Hall geboren, in Wildenstein aufgewachsen
und dort und in Crailsheim zur Schule gegangen. Er hat in Frankfurt
am Main Rechtswissenschaft studiert und in Kunstgeschichte promoviert.
Herr Dr. von Haldenwang ist als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main
tätig.
Der Träger des Jugendpreises, Herr Michael Schick, setzt sich
in seiner Arbeit mit der Geschichte der "Autofirma Steiger in
Burgrieden" auseinander. Anhand von Prospekten, Werbemitteln
und Geschäftspapieren, aber auch von Notgeld und Aktien der damaligen
Zeit, beschreibt er , wie sich das Unternehmen aus einem Rüstungsbetrieb
des 1. Weltkrieges zum Auto- und Traktorenhersteller entwickelte.
Herr Schick ist Jahrgang 1968 und von Beruf Bäcker und Elektroniker
und lebt in Laupheim.
Herr Köberle abschließend: "Allen Preisträgern
gratuliere ich ganz herzlich und danke Ihnen für die viele Zeit,
Mühe und Liebe, die Sie in Ihre Werke der Heimatforschung investiert
haben. Sie dürfen stolz sein auf Ihre Werke. Sie haben sich damit
um Ihre Heimat verdient gemacht." Hartmut Sandmann, Marketingleiter
der badischen Volksbanken und Raiffeisenbanken, fügte in seinem
Schlußwort hinzu, individuelle Entfaltung gelinge ohne Abstriche
nur im Schutzraum einer Heimat. Er lud zur Verleihung des Landespreises
1999 nach Karlsruhe ein.
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"Ohne Gerechtigkeit keine Freiheit!"
Die Ausstellung zur Revolution von 1848/49 in Wolfegg
Ab Juni 1999 zeigt das Haus der Geschichte Baden-Württemberg
in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft Oberschwaben im Bauernhaus-Museum
und Schloß Wolfegg eine Ausstellung zur Erinnerung an die
Revolution von 1848/49 in Oberschwaben. Die Wolfegger Zentralveranstaltung
wird von weiteren Ausstellungen zur Revolution in Ravensburg, Maurach,
Friedrichshafen und Tettnang flankiert.
Vor über 150 Jahren kämpften auch in Oberschwaben die
Menschen für bürgerliche Grundrechte wie Presse-, Vereins-
oder Versammlungsfreiheit, für die Beseitigung der adeligen
Vorrechte, für ein einiges und freies Deutschland sowie für
eine stärkere Beteiligung des Volkes an der Regierung. Mit
einem bis dahin unbekannten Engagement setzten sich die Menschen
in Bittschriften und Volksversammlungen, in Vereinen und Leserbriefen,
teilweise mit der Androhung von Gewalt, für ihre Ziele ein.
In den Revolutionsausstellungen sollen die damaligen Ereignisse
mit Hilfe von Objekten aus dieser Zeit anschaulich und sinnlich
erfahrbar gemacht werden. Zahlreiche überraschende Funde sind
bereits in Archiven, auf Dachböden und in Kellern gemacht worden.
Für weitere Entdeckungen bitten das Haus der Geschichte Baden-Württemberg
und die Gesellschaft Oberschwaben um tatkräftige Unterstützung.
Es werden noch Bilder, Gegenstände und Geschichten aus den
Jahren 1847 bis 1850 gesucht. So sollen Bauern Blusen mit einem
"H" für Friedrich Hecker, der Symbolfigur der südwestdeutschen
Revolution, und Hecker-Hüte getragen haben. In der Revolution
durften viele Bauern erstmals auf ihrem Besitz jagen; gibt es Gewehre,
Trophäen etc. aus dieser Zeit? Existieren noch Verträge,
Briefwechsel, Unterlagen über die Zehntablösung mit den
jeweiligen Standesherrn? Gesucht werden zudem Pokale, Mitgliedsausweise,
Fahnen, Halstücher, Pfeifenköpfe, Bürgerwehrtrommeln
etc.
Die Gesellschaft Oberschwaben und das Haus der Geschichte sind für
jeden Hinweis dankbar!
Bitte melden Sie mögliche Ausstellungsgegenstände dem
Haus der Geschichte Baden-Württemberg:
Frau Meike Habicht, Heilbronner Straße 129, 70191 Stuttgart,
Tel 0711/25 009-311.
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Heimat-Illusionen
Seit das Fernsehen auf der Heimatwoge schwimmt, plätschern
verschämt stets auch die Heimattümelei und die Gefühlsduselei
mit. Dabei sollte die - als Dreiklang von Kunst, Musik und Landschaft
angelegte - Reise über die Schwäbische Alb (speziell durch
den Zollernalbkreis) doch vor allem zeitgemäß vonstatten
gehen.
In Wort und Ton begleitete Kammersänger Günter Wewel die
Zuschauer von der Burg zum Schloß, vom Marktflecken zu Gipfel
und Tal. Heimatsendungen tun oft so, als sei die Zeit in der besungenen
Gegend seit langem stehengeblieben, als gedeihe hier noch der Sang,
Klang und die Lebensform von ehedem. Zwar wird nicht unterschlagen,
daß das Brauchtum nur noch - mehr oder minder mühselig
- im Vereinsleben hochgehalten wird, aber es wirkt hier trotzdem
aufgesetzt. Durch die geschickten Kameralenkungen auf das grüne
Tal, den restaurierten Marktplatz fühlt sich der Zuschauer
zudem leicht getäuscht und betrogen. Er weiß ja, daß
die Schwäbische Alb einst paradiesisch schön gewesen ist,
daß aber dort heute wie überall nur noch kleine Oasen
der Stille existieren und ansonsten unsere Zivilisation vorherrscht.
So erinnerte auch diese Rundfahrt eher an eine künstliche Idylle
oder an ein Theater mit schöner Kulisse als an ein Stück
anmutiger Wirklichkeit. Für Ausgleich sorgten zwar die von
Gesangvereinen, Dorfkapellen und professionellen Musikinterpreten
wie dem Klavierduo Stanzl gleichermaßen frisch vorgetragenen
Klänge, doch hätte man nicht um die Gunst der Musikfans
jeder Richtung buhlen dürfen. Der von Christine Röder
aus einem schmucken Albhaus-Vorgarten ins Publikum geschmetterte
Schlager von der Dorfschönen, die nur küssen kann, sprengte
den gesetzten musikalischen Rahmen (nach unten) weg. Betulichkeit
kennzeichnete ferner das Wirtshausgespräch des Moderators mit
der gewesenen Fernsehwirtin Ruth Mönch, und selbst die Mithilfe
von Gotthilf Fischer nährte nur die Illusion vom unverändert
schön gebliebenen Heimatland.
(Kein schöner Land ARD)
Aus: Stuttgarter Nachrichten vom 4.11.98
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