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Geneigter Leser,
lange und gerne haben wir uns mit Ihnen, unseren Lesern, über eine Änderung des Titels dieser Zeitschrift unterhalten und Sie um Ihre kreative Mitarbeit gebeten. Viele Vorschläge gingen ein und die Abstimmung hat ergeben, den Titel "DER HEIMATPFLEGER" beizubehalten. Allerdings lautet der Untertitel ab dieser Ausgabe "Zeitschrift für regionale Volkskultur". Aus den Einsendungen, die für die Beibehaltung des Namens plädierten, hat die 1-jährige Tochter Angelika der Vorsitzenden der Heimatzunft Baden-Württemberg, Susanne Gothe, den Gewinner eines Noten-, Buch- und CD-Pakets im Wert von 250,-- DM gezogen. Der Gewinner ist unser Leser Stefan Wöhr aus Schömberg im Nordschwarzwald. Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für Ihre Mitarbeit.
Diese Ausgabe ist dem Schwerpunktthema Tracht gewidmet. Ein Thema das in der Heimatpflegeszene sehr polarisiert. Die einen sind für die unverfälschte, historisch einwandfreie Tracht. Die anderen bekennen sich zur erneuerten (und damit auch kostengünstigeren und müheloser herzustellenden) Tracht und wieder andere sagen, Tracht grenze aus. Ein Phänomen, das alljährlich beim Volksmusiktag Baden-Württemberg im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck zu beobachten ist. Während ganz normale, zivil gekleidete Besucher noch beim "Danzkurs" fröhlich das Tanzbein schwangen, trauten sie sich nicht mehr auf den Tanzboden, nachdem die ersten Trachtler die Bühne für sich vereinnahmten.
War Tracht in Zeiten des "ersten Lebens" alltäglicher Gebrauchsgegenstand, so ist sie heute in der Phase des "zweiten Lebens", also in der Trachtenpflege, ein Edelkleidungsstück, das nur einer Elite - nämlich den Mitgliedern der Trachtengruppen - zur Verfügung steht.
In der Zeit, da Tracht durch Verordnung und Gebot Regeln unterworfen war, und bis zum Ablegen derselben etwa um die Mitte des 19. Jahrhunderts, konnte man den Stand des Trägers, der Trägerin, an der Tracht erkennen. Somit war Tracht ein "sozialer Indikator".
Aber wie gehen wir heute damit um? In der Regel tragen die Trachtengruppen nur noch die höchsten Formen der Tracht, also Hochzeits- und Festtagstracht. Niedere Formen bleiben unberührt. Die weiße Schürze war in den meisten Trachten, die Schürze der ledigen Mädchen und Bräute, also Zeichen der JungfrÄulichkeit. Ebenso die Schappeln, Schäppele und Kränzle.
Ob dieses Wissens mutet es mich schon sonderbar an, wenn ich bei Festzügen und Trachtenfesten 60- oder 70-jährige "Jungfrauen" mit weißer Schürze und Jungfrauenkränzle marschieren sehe. Ich schlage vor, dass sich die Trachtengruppen in dieser Sache mehr an der Tradition orientieren sollten: "Treu dem guten alten Brauch" - oder?
Herzlichst
Ihr
Wulf Wager
Redaktion
DER HEIMATPFLEGER
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