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Hubert Deuringer
Das besondere Liederbuch
zu dieser Besprechung gab es im Frühjahr 2003 eine Reaktion des Herausgebers Hubert Deuringer
Die restaurierten, schönsten 765 deutschen Volkslieder mit
einer großen Auslese schwäbischer Gesänge
806 Seiten Format DIN A 4, gebunden mit zahlreichen historischen
s/w-Abbildungen, 40 Euro, Musikverlag Hans Hemgesberg, 89173 Lonsee-Luizhausen,
Tel. 07336/380, Fax 07336/5676
Viele Jahrzehnte lang war der Name Hubert Deuringer in der professionellen
volkstümlichen Musik ein durchaus bekannter. Nach einem unglücklich
verlaufenen Vortrag wurde es jedoch ruhig um ihn. Nun legt er ein
imposantes Liederbuch vor, das im Verlag Hans Hemgesberg erschienen
ist. Auf über 800 Seiten hat er Volkslieder - vornehmlich schwäbische
- in Text und Melodie wiedergegeben. Soweit ein rühmliches unterfangen,
das eine Unmenge an Geld verschlungen haben muss.
Deuringer schreibt selbst: "In meinen jahrzehntelangen volkskundlichen
Studien und unzähligen öffentlichen Liedersingen musste
ich immer wieder feststellen, dass viele Volkslieder in einem desolaten
Zustand überliefert sind und viele Liederbuchschreiber voneinander
abschreiben; immer wieder die gleichen Unzulänglichkeiten, Ungereimtheiten
und Stolperfallen mit textlichen, melodischen und metrischen Fehlern".
Das mag im Einzelfall druchaus stimmen, doch Deuringer schwingt sich
durch diese Publikation zum Zensor der Überlieferung auf, dem
die Dokumentation wenig wichtig ist. Insofern ist das Werk leider
keine umfassende Quellensammlung weil ein Quellennachweis fehlt und
der Vergleich mit der Originalquelle oder -aufzeichnung nicht möglich
ist.
Das heißt, man kann als Leser (oder Sänger) kaum nachvollziehen,
welcher Art die Bearbeitung Deuringer ist.
Auch er begeht den, wie ich meine, schwerwiegenden Fehler, Strophen
abzuändern oder abzumildern, wenn sie in seinen Augen zu obszön
sind.
Das mag aus der Sicht des professionellen Musikers und Editors durchaus
legitim sein. Was das Buch für die Praxis aber völlig wertlos
macht, ist die Mitgliedschaft Hubert Deuringers in der GEMA, der Gesellschaft
für musikalische Aufführungs- und mechanischer Vervielfältigungsrechte.
Die GEMA wahrt die Urheberrechte der Komponisten, Bearbeiter und Texter
von Liedern. Da Hubert Deuringer bei fast allen Liedern als Bearbeiter
angegeben ist, hat das für den Sänger oder die Gesangsgruppe,
die öffentlich damit auftritt zur Folge, dass der Veranstalter
GEMA-Gebühren zahlen muss, sobald eine Deuringersche Bearbeitung
zu Grunde liegt.
Davor kann man nur warnen! Bisher herrschte in der baden-württembergischen
Volksmusikszene und durchweg in allen Publikationen GEMA-Freiheit,
weil es sich um überlieferte, also autorenlose Musik handelt.
Auch bei den bayrischen Volksmusikfreunden wurde dieser Grundsatz
bis auf wenige Ausnahmen (Karl Edelmann und Wolfi Neumüller sind
beispielsweise GEMA-Mitglieder) durchgehalten.
Außerdem wurde mit der Nennung der Quellen sehr oberflächlich
umgegangen. Den bayrischen Zwiefachen "Leutl miaßts
lustig sein" herkunftsmäßig nach Oberschwaben (einem
bis dato zwiefachenlosen Gebiet) zuzuordenen, halte ich schlicht für
unseriös. Eine ganze Reihe von Landserliedern einschließlich
des treudeutschen Liedes "Flamme empor!" und einige weiterer
von Deuringer selbst höchst patriotisch getexteter deutschnationaler
Lieder gehören sowieso nicht publiziert! Wegen dieser Tendenzen
kam Deuringer damals auch ins Gerede.
Nun lieber Leser geh dahin und entscheide selbst, ob Du das Buch brauchen
kannst, und ob es Dir 40 Euro Wert ist oder nicht.
Auf den nachfolgenden Seiten durften wir mit freundlicher Genehmigung
des Verlages zwei Lieder abdrucken.
Wulf Wager
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