Ihrer Länder Wert und Zahl Saßen viele deutsche Fürsten Einst zu Worms im Rittersaal. 2. Herrlich, sprach der Fürst von Sachsen, Ist mein Land und seine Macht, Silber hegen seine Berge Wohl in manchem tiefem Schacht. 3. Seht mein Land in üpp'ger Fülle, Sprach der Kurfürst von dem Rhein, Gold'ne Saaten in den Tälern, Auf den Bergen edler Wein. 4. Große Städte, reiche Klöster, Ludwig, Herr zu Bayern, sprach, Schaffen, dass mein Land den euren Wohl nicht steht an Schätzen nach. 5. Eberhard, der mit dem Barte, Württembergs geliebter Herr, Sprach: mein Land hat kleine Städte, Trägt nicht Berge silberschwer. 6. Doch ein Kleinod hält's verborgen: Dass in Wäldern noch so groß Ich mein Haupt kann kühnlich legen Jedem Untertan in'n Schoß. 7. Und es rief der Herr von Sachsen, Der von Bayern, der vom Rhein: Graf im Bart, ihr seid der reichste, Euer Land trägt Edelstein! Die historische Sagenballade auf Graf Eberhard V., genannt im Bart (1445-1496) aus der Feder des schwäbischen Spätromantikers Justinus Kerner (1786-1862) ist zuerst im Morgenblatt für gebildete Stände (Stuttgart 1818) veröffentlicht und wird zur Weise des einst populären Bänkelliedes In des Waldes tiefsten Gründen gesungen. Kerner schöpfte den Stoff aus der historischen Sage über die Fürstenversammlung zu Worms (1495), bei der Eberhard in Anerkennung seiner Leistungen von König Maximilian I. zum ersten Herzog von Württemberg erhoben wurde. Der aus der Uracher Linie der Wirtemberger stammende Fürst musste bereits im Alter von 14 Jahren die Nachfolge seines früh verstorbenen Vaters antreten und hat knapp vier Jahrzehnte lang das Land regiert. Er beendete durch Festsetzung des Rechts der Erstgeburt nicht nur die Teilung Württembergs, das jahrzehntelang in einen Stuttgarter und einen Uracher Zweig zersplittert war, sondern war auch ein großer Förderer von Kultur und Wissenschaft. So schuf er beispielsweise mit der Gründung der Universität Tübingen (1477) wichtige Grundlagen für die weitere Entwicklung des Landes. Noch Jahrhunderte später verkörperte Eberhard in der Volksüberlieferung das Ideal des volksnahen und gerechten Landesvaters in einem friedlichen Staat. Kein Wunder, dass sein Loblied in den 1840er Jahren des Vormärz sprunghaft in Liederbüchern und Liedflugschriften anstieg und bis um die Mitte des 20. Jahrhunderts auffallend oft in Schul-, allgemeinen Gebrauchsliederbüchern sowie Kommersbüchern stand. Kein Württemberger, kein Schwabe, der das Lied nicht mit Inbrunst gesungen hätte, erinnert sich Lutz Röhrich in seinem Festvortrag anlässlich des 75jährigen Jubiläums des Deutschen Volksliedarchivs (1989). Der reichste Fürst ist im Bewusstsein der älteren Württemberger das historische Landeslied, das aber nur noch selten offiziell vorgetragen und gelegentlich in Gesangvereinen gepflegt wird. Dies trifft auch für das Zollernlied zu. Das Zollernlied
Und von der wunderschönen Schweiz, Da liegt ein Berg so hoch erhaben, Den man den Hohenzollern heißt. Er schaut herab so stolz und kühn Auf alle, die vorüberziehn. Auf Hohenzollerns steilen Felsen, Wo unverzagt die Eintracht ruht. 2. Von diesem Berg, da geht die Sage, Die sich durchs ganze Land erstreckt, Ein jeder Vater kennt die Plage, Die sich auf seinen Sohn erstreckt. Er schickt ihn fort ins fremde Land, Sein Liebchen glaubt, er sei verbannt. Auf Hohenzollerns ... 3. Und kommt die langersehnte Stunde, Die uns zur Heimat wieder ruft, Dann rufen wir aus frohem Munde Dem stolzen Hohenzollern zu, Dann rufen wir: O Heimatland, Wie ist mein Herz an dich gebannt! Auf Hohenzollerns ... Die erste Strophe des Zollernliedes beginnt mit einer charakteristischen Eingangsfloskel von Heimathymen, nämlich der räumlichen Begrenzung der besungenen Landschaft. Sie endet mit dem geographischen und inhaltlichen Höhepunkt, dem hohen und sagenumwobenen Hohenzollernfelsen, wo unverzagt die Eintracht ruht. Auf ihn sind die Blicke der Vorüberziehenden gerichtet, er ist der ruhende Pol inmitten des unruhigen Geschehens draußen in der Welt. Das Lied handelt von Abschied und Heimkehr, Angst und Hoffnung des Soldaten und seiner Angehörigen und hat wie das Württemberglied einen historischen Hintergrund. 1849 entsagten die Fürsten von Sigmaringen und Hechingen der Regierung ihrer Erbländchen, die kraft alter Erbverträge von 1691 und 1707 an Preußen fielen. Dieser bedeutsame Einschnitt in die Geschichte beider Fürstentümer ist hier im Bild vom Soldaten, der zum Kampf in die Fremde ziehen muss, ausgedrückt. Die genaue Herkunft des zur Weise eines alten Reservistenliedes gesungenen Liedes ist mangels früher gedruckter Überlieferung bis heute noch nicht geklärt. Die Lokalforschung war sich aber bereits um 1900 darin einig, dass es anlässlich der Übergabe von Hechingen und Sigmaringen an Preußen entstanden ist. Ob es nun bereits 1849 von einem namentlich bekannten Postpraktikanten oder etwas später von einem Soldaten aus Hechingen stammt, der es um 1860 beim Abschied aus dem Dienst in einem hohenzollernschen Regiment in Saarlouis den Kameraden gewidmet haben soll, spielt eigentlich nur noch eine sekundäre Rolle. Nicht weit von Württemberg und Baden wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch einheimische Soldaten sowie durch Handwerksburschen auf der Walz über den süddeutschen Raum hinaus in ganz Deutschland verbreitet und war eines der populärsten Heimatlieder der Zeit, wenngleich es in Liederbüchern selten zu finden ist. Noch um 1900 wird ihm als treffender Ausdruck eines Zoller-Schwaben, der 1849 an Preußen gekommen und fortgenommen wird ins ferne Land, Symbolcharakter zuerkannt. Das Badnerlied
1. Das schönste Land in Deutschlands Gaun, Das ist mein Badner Land. Es ist so herrlich anzuschaun Und liegt in Gottes Hand. Drum grüß ich dich mein Badner Land, du edle Perl im deutschen Land! Frisch auf, frisch auf, frisch auf, frisch auf, Frisch auf, frisch auf mein Badner Land! 2. In Haslach gräbt man Silbererz; Bei Freiburg wächst der Wein, Im Schwarzwald schöne Mädchen: Ein Badner möchte ich sein! Drum grüß ich dich ... 3. Der Bauer und der Edelmann, Das liebe Militär, Sie sehn einander freundlich an; Und das ist Goldes Wert! Drum grüß ich dich ... 4. In Karlsruh ist die Residenz, In Mannheim die Fabrik, In Rastatt ist die Festung, Und das ist Badens Glück! Drum grüß ich dich ... 5. Alt-Heidelberg, du feine, Du Stadt an Ehren reich, Am Neckar und am Rheine, Keine andre kommt dir gleich! Drum grüß ich dich... Alte badische Volksweise?1915 wird die Melodie in einem Schulliederbuch als alte badische Volksweise bezeichnet. Sie stimmt anfangs mit dem Württemberg-Lied (Preisend mit viel schönen Reden) überein, der appelative Schlusstakt erinnert an die Marseillaise. Ob die Weise mit der Badischen Volkshymne (1844) von Ludwig Bräutigam, Kapellmeister im 1. Badischen Leibgrenadier-Regiment in Karlsruhe, übereinstimmt, ist noch zu ergründen. Der Text wurde wiederholt dem Gernsbachers Dichter und ehemaligen Capitano Ludwig Löhlein zugeschrieben, der 1891 die Badische Hymne" (Ein heißes Flehn steigt, Gott, zu Dir), eine unter vielen Fürstenverherrlichungen des 19. Jahrhunderts, verfasst hat.Die Ursprünge des Badnerlieds sind aber auch in einem Sachsenlied des 19. Jahrhunderts zu suchen, das erst nach längerem Umlauf in den 1880er Jahren in Liederbüchern erschien und bereits nach der Jahrhundertwende wieder in Vergessenheit geraten war. 1. Das schönste Land auf Deutschlands Aun Ist wohl mein Sachsenland; Wie herrlich ist es anzuschaun, Beschirmt von Gottes Hand! Drum lieb ich dich, mein Sachsenland, Du edle Perl im deutschen Kranz; Glückauf! Glückauf! Glückauf mein Sachsenland! 2. In Freiberg wächst das Silber, In Meißen wächst der Wein, Im Gebirg gibts schöne Mädchen Ein Sachse möcht ich sein. 3. Der Bürger und der Bauersmann Sie ehren den Soldat, Sie schaun einander freundlich an Und reichen sich die Hand. Kein Einzelfall. Die meisten Heimatlieder und hymnen wurden und werden stets von neuem im Volksmund von einer Region auf die andere umgesungen. Neu hinzugekommen sind im Falle des Badnerlieds die Residenz- und Heidelbergstrophe (In Karlsruh ist die Residenz, Alt-Heidelberg, du feine); die im Sachsenlied, übrigens nur eines von vielen Sachsenliedern des 19. Jahrhunderts, fehlen. In Karlsruh ist die Residenz... Die rätselhafte Herkunft des Badnerliedes hat im Laufe seiner Wirkungsgeschichte zwei unterschiedliche Entstehungshypothesen aufkommen lassen: Etwa ob es nicht im Zusammenhang mit der Badischen Revolution 1848/49 oder gar bereits im frühen 19. Jahrhundert im Zuge der Einverleibung Vorderösterreichs, der rechtsrheinischen Kurpfalz und vieler anderer Besitzungen ins badische Stammland (1803/06) entstanden sei? Das Badnerlied also als musikalisches Bindeglied zwischen den Alt- und Neubadenern, daher der Lobpreis auf Mannheim, Heidelberg, Haslach, Freiburg sowie den Schwarzwald? Überlegungen zur Datierung des Liedes lassen sich eigentlich nur an die umstrittene Rastatt- bzw. Residenzstrophe (In Karlsruh ist die Residenz), die ein Stück Zeitgeschichte des 19. Jahrhunderts widerspiegelt, sowie an die Heidelbergstrophe (Alt Heidelberg, du feine) anknüpfen. Letztere stammt aus dem gleichlautenden Studentenlied von Victor von Scheffel (1826-1886), genauer aus dessen erfolgreichem Trompeter von Säckingen, der 1870 in Wiesbaden uraufgeführt wurde. Mit der Mannheimer Fabrik assoziiert man die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF), die 1865 in Mannheim gegründet und aus Platzgründen bald auf das linke Rheinufer nach Ludwigshafen umgesiedelt wurde, aber die eigentliche Begründerin von Mannheims Industrie ist nachweislich die Maschinenfabrik Lanz (1859). Die Festung Rastatt, an der sich wegen des kläglichen Untergangs der badischen Revolutionsarmee 1849 die Geister scheiden, liefert ebenfalls genauere Anhaltspunkte für die Datierung des Liedes. Rastatt war bereits am Ende der Befreiungskriege (1815) als Standort einer Bundesfestung (drei große Forts als Grenzbefestigung nach Frankreich) vorgesehen und der Bauentwurf inmitten der deutsch-französischen Rheinkrise (1840/41) vom Deutschen Bundestag genehmigt. In einem patriotischen Gedicht zur Grundsteinlegung (1844) wird ausdrücklich vor der Gefahr übermütiger Feinde gewarnt, ja zum Schutz des Vaterlandes aufgerufen: Die Festung also als Schutzwall Badens und Deutschlands vor dem Erbfeind auf der anderen Rheinseite. Zum Glück sind die Zeiten vorüber, in denen solche Töne zu hören waren, aber sie widerspiegeln die aufgeheizte Stimmung jener Epoche und sind, nicht anders als die fragliche Badnerliedzeile, ein Stück Zeitgeschichte. 1850 wurden die preussischen Truppen durch badische ersetzt, 1870/71 spielte die Schanze Rastatt als größte deutsche Bundesfestung am Rhein strategisch eine bedeutende Rolle, aber um 1890 wurde sie von Preußen geschliffen. Danach kann die für das Badnerlied charakteristische Strophe frühestens um 1859/60 (Mannheim), spätestens 1870/71 entstanden sein, und mit Badens Glück ist nicht die fatale Rolle der Festung Rastatt 1849 gemeint, sondern das Fazit der ganzen Strophe, genauer: die politische (Karlsruhe), wirtschaftliche (Mannheim), strategische (Rastatt) Bedeutung dieser drei Städte für das Land. WirkungsgeschichteGedruckt steht das Badnerlied zuerst in einer kleinen Sammlung Soldatenlieder, die Leutnant Pecher vom 5. Badischen Infanterieregiment (Freiburg) nach dem Gesang seiner Einheit um 1902 veröffentlicht hat (Wiederabdruck 1906).Bereits um diese Zeit haben es Soldaten unter Austausch der Länder- und Ortsnamen auf die Pfalz, das Elsass, Saarland sowie auf Hessen, Württemberg und Bayern umgesungen, hier die schwäbische Variante von 1917: 1. Das schönste Land in Deutschlands Gaun, Das ist mein Heimatland, Es ist so herrlich anzuschaun, Und das ist Schwabenland. Drum grüß, so grüß dich Gott, mein Schwabenland, Du edle Perl im deutschen Land, Frisch auf, frisch auf, ... Frisch auf, mein Schwabenland. 2. Zu Stuttgart ist die Residenz, Zu Cannstatt die Fabrik, Zu Asperg ist das Zuchthaus, Und das ist Schwabens Glück. 3. Zu Haslach gräbt man Silbererz, Zu Heilbronn wächst der Wein, Im Schwarzwald schöne Mädchen: Ein Schwabe möcht ich sein. 4. Der Bauer und der Edelmann, Das stolze Militär, Die schaun einander freundlich an, Und das ist Schwabens Ehr. Um 1920 gab es Überlegungen, das Badnerlied zur offiziellen Landeshymne von Baden zu erheben. Um die Mitte der dreißiger Jahre komponierte der Herbolzheimer Komponist und spätere Vorsitzende des Badischen Blasmusikverbandes, Emil Dörle (1886-1964), den bekannten Marsch Hoch Badnerland, in dessen Schlusstrio er das Badnerlied eingelegt hat. Dieser gehört seither zum Minimalrepertoire jeder badischen Blasmusik. Im Ringen Leo Wohlebs um die Zukunft Südbadens 1951/52 erlebte das Badnerlied eine neue Renaissance, aus dieser Zeit sind aber auch die ersten schwabenfeindlichen Umdichtungen überliefert. 1975 fungierte es im Kampf gegen das KKW Wyhl als aktuelles Badnerlied, ebenfalls mit kritischen Zusatzstrophen. In der ersten Spielsaison des SC Freiburg in der Bundesliga (1993/94) wurde es vom damaligen Sponsor als Werbegag eingespielt und erlebt seither im dortigen Dreisamstadion sowie im Wildparkstadion in Karlsruhe eine nie dagewesene Popularitätswelle. In letzter Zeit wurde es in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht, in manchen Fankreisen der badischen Sportclubs sowie auf elektronischem Weg (Internet) zum agressiven Antischwabenlied umfunktioniert, aber auch Juxverse und andere Improvisationen für allerlei Anlässe wurden und werden ihm stets von neuem angehängt. Rund 500 solcher Strophen hat der Badnerliedsammler Ossi W. Pink (Freiburg) seit 1993/94 zusammengetragen. Zusammenfassend kann man sagen, dass das Badnerlied eine Zusammensetzung von Sachsenliedvariante, Scheffels Heidelberglied und Neudichtung ist. Dass es dennoch Originalität besitzt, beweist seine überregionale Verbreitung um 1900 sowie seine innovative Wirkung einst und jetzt. Literatur:Linder-Beroud, Waltraud: Ein neues Land ein neues Lied? In: Badische Heimat 82 (2002), S. 96-109.Zur Identitätsfrage s. Bausinger, Hermann: Die bessere Hälfte. Von Badenern und Württembergern. Stuttgart, München 2002. Röhrich, Lutz: ... und das ist Badens Glück. Heimatlieder und Regionalhymnen im deutschen Südwesten. Auf der Suche nach Identität. In: Jahrbuch für Volksliedforschung, Jg. 35 (1990), S. 14-25. Anschrift der Autorin: Dr. Waltraud Linder-Beroud Deutsches Volksliedarchiv, Silberbachstr. 13, 79100 Freiburg Seitenanfang |
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