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Wulf Wager
150 Jahre Schwäbischer Sängerbund Zur Geschichte des Sängerwesens in Württemberg
In der ersten Hälftedes vorigen Jahrhunderts entstanden zahlreiche Männergesangvereine, nicht zuletzt deshalb, weil die Restaurationspolitik des Fürsten Metternich, der die Wiederherstellung der alten Herrschaftsverhältnisse betrieben hatte, die Entstehung politischer Vereinigungen zur Erringung bürgerlicher Freiheiten unmöglich machte. Die selbstbewusst handelnden Bürger fanden sich nun in anderen Vereinigungen zusammen, die den Regierenden zunächst unverdächtig erschienen: Sowohl die Turn- wie auch die (Männer-) Gesangvereine waren Ausdruck einer systemkritischen Protestbewegung.
Um noch wirksamer für die gemeinsam verfolgten Ziele eintreten ztu könen, beschlossen daher sowohl die Turn- wie die Gesangvereine, sich zu Landesbünden zusammenzuschließen. So trafen sich am 25. November 1849 siebenundzwanzig Männergesangvereine in Göppingen und gründeten einen "Schwäbischen Sängerbund" Sein erster Präsident wurde der Esslinger Konrektor Karl Pfaff, der "Sängervater", der später auch der erste Ehrenbürger der Stadt Esslingen wurde.
Der Schwäbische Sängerbund ist somit der älteste Landesbund der Sänger, nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in ganz Europa. Den vielfachen Initiativen des Schwäbischen Sängerbundes ist schließlich auch die Gründung des Deutschen Sängerbundes im Jahre 1862 zu verdanken. Daher verwundert es auch nicht, dass dessen erster Präsident der Stuttgarter Journalist Otto Elben wurde, der zunächst Karl Pfaff als Präsident des Schwäbischen Sängerbundes abgelöst hatte.
Aus den ursprünglich 27 Vereinen des Schwäbischen Sängerbundes sind inzwischen 1675 geworden, mit mehr als zweieinhalbtausend Chören und über 80 000 aktiven Sängerinnen und Sängern. Die Gesamtzahl der aktiven Mitglieder beträgt über 220 000. Bemerkenswert ist es noch, dass im vergangenen Jahr die Zahl der gemischten Chöre erstmals die Zahl der reinen Männerchöre überholt hat.
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Die Chronik des SSB
Die Entwicklung der Chorvereine in Württemberg in den vergangenen 200 Jahren und mit ihr die Sängerbewegung kann nicht isoliert betrachtet werden. Sie steht im Zusammenhang mit der allgemeinen geschichtlichen Entwicklung unseres Landes in dieser Zeit.
Freiheit und nationale Einheit
Als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die ersten Chorvereine gegründet wurden, geschah dies nicht nur des gemeinsamen Singens wegen. Es waren vielmehr Zusammenschlüsse von Bürgern, die sich neben der Volksbildung eben auch für die Freiheitsrechte und die nationale Einheit einsetzten. Nach den Karlsbader Beschlüssen (1819) waren politische Vereine verboten. Selbst das Turnen in der Gemeinschaft - neben den Sängern eine andere junge Bewegung jener Zeit - war untersagt. Gleichwohl waren Vorbilder im Bereich der Chorvereine Zelters exclusive Liedertafel in Berlin und Nä
;gelis Chor in Zürich. Die Gesangvereine jener Zeit waren Domänen der Männer.
Politik mit dem Einkaufskorb
Jedoch waren auch damals die Frauen bereits engagiert. Sie hatten ihre eigenen Vereine und ihre eigenen Betätigungsfelder. Sie wandten sich dem sozialen Bereich zu, machten bereits Politik mit dem Einkaufskorb und nähten Fahnen für Turn- und Gesangvereine, was von der Obrigkeit mit Argwohn betrachtet wurde.
Im Revolutionsjahr 1849
gründeten die Sänger in Württemberg mit dem Schwäbischen Sängerbund ihre eigene Dachorganisation, die erste übrigens innerhalb Deutschlands. Warum dies erst zu diesem Zeitpunkt erfolgte, ist leicht zu erklären. In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts gab es noch wenige Chorvereine und eine Dachorganisation war nicht erforderlich. In den 30er Jahren waren Neugründungen wegen des Vereinsverbots nicht möglich. In den 40er Jahren entstanden immer mehr Chorvereine und es wurde - nicht zuletzt im Hinblick auf die seit 1827 durchgeführten Liederfeste - notwendig, die bis dahin lose Zusammenarbeit der Vereine auf eine funktionierende organisatorische Grundlage zu stellen. Dies war 1849 nach einer gewissen Liberalisierung der politischen Verhältnisse möglich.
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Deutscher Sängerbund ja - Deutsches Reich nein
In den folgenden Jahren bemühten sich die damals Verantwortlichen des Schwäbischen Sängerbundes neben dem internen Ausbau des Chorwesens in Württemberg auch intensiv um die Schaffung eines Deutschen Sängerbundes. Der richtige Zeitpunkt kam Anfang der 60er Jahre mit einer erneuten Liberalisierung. Gerade noch rechtzeitig vor den innerdeutschen Streitigkeiten und dem Krieg 1866 zwischen Österreich und Preußen konnte 1862 in Coburg die Gründung des DSB realisiert werden. 1871 erfolgte die Einigung Deutschlands durch Bismarck, mit der sich die Sänger nur widerwillig abfanden. Das neue Deutsche Reich entsprach nicht ihren Vorstellungen.
Die Blütezeit
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden immer mehr Chorvereine, so daß regionale Untergliederungen notwendig wurden. Ab 1885 bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts entstanden Sängergaue als Mittelinstanzen zwischen den Vereinen und dem Schwäbischen bzw. dem Deutschen Sängerbund.
Gleichschaltung
Schon Anfang 1933 begannen die an die Macht gelangten Nationalsozialisten auch im Bereich des Chorwesens mit der sog. Gleichschaltung. Die zuvor im Arbeitersängerbund organisierten Vereine wurden mit den Vereinen des Schwäbischen Sängerbundes zwangsvereinigt. Damit wurde die Zahl der Vereine stark reduziert.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden immer mehr Chorvereine, so daß regionale Untergliederungen notwendig wurden. Ab 1885 bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts entstanden Sängergaue als Mittelinstanzen zwischen den Vereinen und dem Schwäbischen bzw. dem Deutschen Sängerbund.
Schon Anfang 1933 begannen die an die Macht gelangten Nationalsozialisten auch im Bereich des Chorwesens mit der sog. Gleichschaltung. Die zuvor im Arbeitersängerbund organisierten Vereine wurden mit den Vereinen des Schwäbischen Sängerbundes zwangsvereinigt. Damit wurde die Zahl der Vereine stark reduziert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden aufgrund der Aufteilung Württembergs in mehrere Besatzungszonen auch mehrere Sängerbünde, von denen sich zwei - der Sängerbund Württemberg-Hohenzollern und der Schwäbische Sängerbund 1948 - im Jahr 1952 zum Schwäbischen Sängerbund 1849 e.V. zusammenschlossen.
Seit der Weimarer Republik gehören den Chorvereinen verstärkt auch Frauen an und viele Frauenchöre und gemischte Chöre sind seit jener Zeit entstanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Zustrom der Frauen stetig zugenommen. Auch ist die Zahl der Kinder- und Jugendchöre kontinuierlich angewachsen. Viele Vereine haben erkannt, daß eine aktive Jugendarbeit die beste Garantie für ihre Weiterentwicklung und für ihren Fortbestand ist. Neben herkömmlichen Chorwerken der verschiedenen Zeit- und Stilepochen gehört auch immer mehr moderne Chorliteratur zum Repertoire der Chorvereine. Im Jubiläumsjahr kann der Schwäbische Sängerbund nicht nur auf eine lange und gute Tradition zurückblicken, sondern er hat auf Grund seines gegenwärtigen Erscheinungsbildes an der Schwelle des dritten Jahrtausends auch allen Grund, selbstbewußt und optimistisch in die Zukunft zu gehen.
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