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Berichte
"Man muss fünfmal draufschlagen und ab ist der Kopf"
Allemannisch als Fremdsprache
Die Freilichtmuseen in Baden-Württemberg
„Man muss fünfmal draufschlagen, und ab ist der Kopf“
Familie Boro zieht von Berlin in den Südschwarzwald und testet
zehn Wochen lang für die ARD das Leben einer Bauernfamilie im
Jahr 1902
Hühner kannte Akay-Mathias (11) bislang nur als Broiler. Jetzt
hat die Berliner Großstadtgöre gelernt, wie dem Federvieh
der Kragen umgedreht wird: „Man nimmt die Beine und die Flügel
zusammen und hält das Huhn mit dem Kopf nach unten. Dann nimmt
man einen Stock und schlägt kräftig aufs Genick, aber nicht
zu doll, sonst platzt das Gehirn. Auch nicht zu wenig, sonst ist es
nicht betäubt. Dann legt man es auf einen Holzklotz. Fünfmal
draufschlagen, dann ist der Kopf ab.“
Noch ist der Schlag mit dem Holzdengel reine Theorie. Aber wenn die
Lust auf Hühnerfleisch allzu groß wird? „Wenn man
Hunger hat, tut man eigentlich alles“, sagt seine Schwester
Reya-Anna (18). „Ich würde das schon schaffen, vielleicht
mit ganz viel Überwindung, aber trotzdem.“ Ganz schön
mutig! Sonst hätten sich Akay-Mathias, Reya-Anna und der Rest
der Familie Boro auch nicht auf diese Reise in die Vergangenheit eingelassen.
Gebucht war Urlaub an der Costa Brava, jetzt verbringen sie ihre Ferien
bei einer Art Überlebenstraining im Schwarzwald.
Am 1. August zogen die Boros in einen abgelegenen - und geheim gehaltenen
- Hof im Südschwarzwald. Zehn Wochen leben sie ein Bauernleben
wie vor hundert Jahren: ohne Web, WC und Waschmaschine, ohne Dusche
und Deo, ohne Strom, Spülmaschine und Stereoanlage. Von den Werkzeugen
bis zu den handgenähten Kleidern - alles auf dem Stand des Jahres
1902. Fast jedenfalls. Denn die abgelegene Häusler-Hütte
ist präpariert: In Haus und Stall gucken Kameras aus den Balken,
zudem begleitet ein Kameramann des SWR den Alltag der Familie. Wie
die hundertprozentigen Stadtmenschen mit dem Kulturschock zurechtkommen,
sehen die Fernsehzuschauer im Herbst diesen Jahres in der Doku-Soap
„schwarzwaldhaus 1902.de“. Acht Wochen dauert die Sommerfrische
der Boros. In den Weihnachtsferien dürfen die Berliner nochmal
für zwei Wochen aufs Land - und müssen dann von dem leben,
was im Sommer gesammelt, geerntet, geschlachtet und eingelegt wurde:
in Kalkwasser gelegte Eier, Butterschmalz oder knackender Frischkäse,
knackend, weil Maden drin sind.
Wie die Sense geschwungen, die drei Kühe und die beiden Ziegen
gemolken oder die Rauchküche befeuert wird, haben die Boros vier
Tage lang im Trainingslager Vogtsbauernhof gelernt. Jetzt heißt
es um Viertel vor fünf aus dem Bett und sich um die Tiere kümmern.
Auch das Schwarzwälder Z’nüni ist noch gewöhnungsbedürftig:
Statt Croissants und Bio-Müsli steht „schwarze Supp’“,
Mehlschwitze mit Schweineschmalz, auf dem Tisch. Aber, wie sagt Familienvater
Boro: „Solange wir auf dem Hof Türen zum Zuknallen haben,
kann gar nichts schief gehen.“
Aus: Badische Zeitung vom 04.08.01
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Alemannisch als Fremdsprache
Karl Fischer (61), Vollerwerbslandwirt aus Haltingen, hat dem Sprachenstreit
am Oberrhein eine neue Variante beigefügt. Im Gemeinderat von
Weil am Rhein forderte der stellvertretende Fraktionssprecher der
CDU, Alemannisch solle als erste Fremdsprache in der Grundschule unterrichtet
werden. Seit Wochen erhitzen sich in der Region die Gemüter,
welche Fremdsprache für die Kleinen am besten wäre. Während
der Diskussion im Gemeinderat kam Fischer die Eingebung, dass Alemannisch
die völkerverbindende Sprache im Dreiländereck sei. „Alemannisch“,
sagte er, „ist ein Stück Heimat, das verloren zu gehen
droht.“
Daran dachte er erst kürzlich beim Besuch der Weiler Partnerstadt
Hüningen auf der französischen Rheinseite. Die wenigsten
der elsässischen Kollegen sprachen noch Dialekt. Mit Alemannisch
als erster Fremdsprache verbaue man sich auch nicht die Zukunft oder
könne gar als Hinterwäldler angesehen werden, meint der
Landwirt und verweist auf seine Kinder: Das eine ist Physiker in den
USA, das andere Familienrichter, das dritte ist ein Landwirt mit Doktortitel.
Alemannisch müsse an den Grundschulen ja nicht gleich Pflichtfach
sein, sollte aber wenigstens fakultativ angeboten werden.
Aus: Stuttgarter Zeitung vom 23.11.01
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Die Freilichtmuseen in Baden-Württemberg im Jahr 2002
Die baden-württembergischen Freilichtmuseen warten auch in diesem
Jahr wieder mit einer ganzen Reihe Neuigkeiten auf. Es gibt wieder
ein vielfältiges Programm zum Schauen, Staunen und Ausprobieren.
Wie immer bieten die sieben Museumsdörfer ihrem Publikum die
bekannte und beliebte Mischung aus Altbewährtem und neuen Attraktionen.
Das zeigt allein schon ein Blick in die neue gemeinsame Veranstaltungsbroschüre,
welche die „Sieben im Süden“ auf der CMT in diesen
Tagen vorstellen. Bei den gemeinsamen Auftritten und Aktionen werden
sich die Freilichtmuseen in einem neuen einheitlichen Erscheinungsbild
präsentieren, das in den letzten Wochen von einer Werbeagentur
erarbeitet wurde.
Im Mittelpunkt der Aktivitäten der Freilichtmuseen in Gottersdorf,
Wackershofen, Beuren, Gutach, Neuhausen ob Eck, Kürnbach und
Wolfegg steht erstmals ein großes gemeinsames Ausstellungsprojekt
anlässlich des Landesjubiläums „50 Jahre Baden-Württemberg“.
Unter dem Titel „Was machet mer jetzt?“ - Das Land vor
50 Jahren präsentieren die Museen in insgesamt acht Ausstellungen
an verschiedenen Orten in Baden-Württemberg zum Thema „Das
Dorf in den Fünfziger Jahren“.
Gegenstand der Ausstellungen ist der tiefgreifende Wandel der ländlich-dörflichen
Lebenswelt, der in den 50er Jahren seinen Anfang nahm. Zwei Ausstellungen
- im Deutschen Landwirtschaftsmuseum Hohenheim und im Treffpunkt Rotebühlplatz
in Stuttgart - bieten eine zusammenfassende Rückschau auf das
von Umbruch- und Aufbruchstimmung gekennzeichnete Leben auf dem Land
vor 50 Jahren, sechs aufeinander abgestimmte Sonderausstellungen in
den Freilichtmuseen widmen sich parallel sechs verschiedenen Einzelaspekten
dieser spannenden und ereignisreichen Zeit.
„Zöpfe ab und Hosen an!“, die Ausstellung im Bauernhaus-Museum
Wolfegg, gibt einen Einblick in weibliche Lebensläufe, „Zusammenleben
auf dem Dorf“ ist der Schwerpunkt im Freilichtmuseum Beuren,
und „Süßer Aufbruch in die Konsumgesellschaft?“
ist das Thema im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck.
Die Sonderausstellung „Vom Kuhgespann zum Schlepper“ im
Kreisfreilichtmuseum Kürnbach und „Die futterdankbare,
fruchtbare, langlebige Kuh“ im Schwarzwälder Freilichtmuseum
Vogtsbauernhof Gutach greifen speziell die Veränderungen in der
Landwirtschaft auf und das Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen
präsentiert Erkenntnisse und Exponate zur Entwicklung des Bauens
und Wohnens in der Nachkriegszeit.
Stube mit altdeutschem Ofen |
Neu ist ebenfalls ein gemeinsamer Internetauftritt der „Sieben
im Süden“.
Unter der Internetadresse www.landmuseen.de
wird derzeit eine spezielle Präsentation mit ausführlichen
Informationen über das gemeinsame Ausstellungsprojekt und die
zahlreichen Begleitveranstaltungen sowie zum Thema „Fünfziger
Jahre“ entwickelt. Von dort kann man auch problemlos über
Links auf die Homepages der einzelnen Museen gelangen. Darüber
hinaus erscheint zum gemeinsamen Ausstellungsprojekt Ende April ein
reich bebildertes Begleitbuch im Silberburg-Verlag, Tübingen,
das die Landesstelle für Museumsbetreuung in Stuttgart und die
Arbeitsgemeinschaft der Freilichtmuseen gemeinsam herausgeben werden.
Aufgrund der großen Resonanz findet auch in diesem Jahr wieder
der gemeinsame Aktionstag „Wir zeigen Originale“ statt.
Jedes der sieben Museen bietet am Sonntag, den 4. August ein anregendes
Tagesprogramm mit speziellen Vorführungen und Sonderführungen
zu diesem Thema an.
Broschüren und Programme sind außerdem unter Tel. 07461/926145
beim Info-Service der Freilichtmuseen erhältlich.
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