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Ostereier für Verliebte
haspelpress
Da sitzen sie wieder. Die Osterhasen. Warten auf Käufer, die
ihnen bald die Ohren abbeißen werden. Aus Schokolade gegossen,
werden sie zusammen mit Ostereiern zuhauf in den Kaufhäusern
angeboten. Wobei sich das Eierangebot nicht allein auf den Grundstoff
Schokolade beschränkt. So können in Eiern auch Geschenke
verpackt werden. Schön verziert, aus edlem Material. Kindergeschenke
oder Prestigeobjekte für Erwachsene. Die Krönung ist dann
das stanniolverpackte "Super-Präsent-Ei". Die Industrie
hat sich einiges einfallen lassen. Aber wie kommen die Damen und Herren
der Geschenkbranche eigentlich darauf, daß wir uns zu Ostern
Eier schenken?
Eier seit vorchristlichen Zeiten
Der Brauch ist alt. Schon in vorchristlichen Zeiten wurden auf der
ganzen Welt bei Frühlingsbeginn Feste gefeiert. Die kalte Jahreszeit
ist vorbei und die Entbehrungen des Winters haben ein Ende. Mit dem
Frühlingsbeginn feierten die Menschen das Wiedererwachen der
Natur. Als die christliche Religion in Mitteleuropa verbreitet wurde,
überformte sie schrittweise viele der heidnischen Riten für
den eigenen Glauben. In den Osterbräuchen wird dies besonders
deutlich. Die Wiederauferstehung der Natur wird mit der christlichen
Osterfeier zur Wiederauferstehung Jesu aus dem Grab.
An manchen Orten brennen auch noch heute die Osterfeuer, die von unseren
Vorfahren als Abbilder der Sonne verstanden wurden. Als stärkstes
nichtchristliches Element hat sich aber das Osterei über die
Jahrhunderte gehalten. "Es ist offensichtlich, daß das
Ei die Phantasie der über die Geheimnisse des Lebens nachdenkenden
Menschen zahlreicher Völker in allen Kontinenten angeregt hat",
schreibt Volkskundler Rüdiger Vossen in seinem Buch über
Ostereier und Osterbräuche. So wird aus der chinesischen Kosmologie
überliefert, daß am Anfang der Welt ein Ei aus einem großen
Wasser hervorging und zu Land wurde. In Mittel- und Nordeuropa bleibt
die Symbolik des Eis aber nicht auf die Schöpfung beschränkt.
Forscher haben in den Grundmauern vieler alter Gebäude die Überreste
von Eierschalen gefunden. Als Opfer sollten sie das Leben verkörpern,
das dem Bauwerk Bestand verleiht.
Die wichtigste Rolle spielte das Ei allerdings im Fruchtbarkeitskult
vieler Länder. Das Ei wurde als Spender von Lebenskraft gesehen.
Deshalb wurde ihm die Gabe zugeschrieben, die Fruchtbarkeit zu fördern,
"zur Vermehrung von Mensch und Vieh und zum Wachstum von Feldfrüchten
beizutragen". In einigen Regionen Deutschlands zum Beispiel wurde
ein Ei über dem Acker in die Luft geworfen. Man glaubte, daß
das Korn so hoch wachsen wird wie das Ei flog. Den Nachwuchs an Jungtieren
sicherte man sich, indem Eier in den Ställen aufgehängt
wurden.
So war es gar nicht abwegig, daß das Ei von Verliebten als Hilfsmittel
benutzt wurde, um sich damit ihren Angebeteten zu offenbaren. Aus
Mardorf in Hessen ist noch eine alte Methode des Anbandelns überliefert.
Ein Bursche, der es auf ein Mädchen abgesehen hatte, mußte
am zweiten Ostertag unter dem Fenster der Angebeteten erscheinen.
Dort entschied sich dann alles: Wurde seine Liebe erwidert, bekam
er von seiner Liebsten zwölf verzierte Eier. Pechvögel mußten
sich schnell aus dem Staub machen, denn für die kamen faule Eier
geflogen.
Eier am Busen
In Norwegen versteckten Mädchen beim Kirchgang ein Ei an ihrem
Busen. Der Mann der Wahl durfte dann selbiges suchen und behalten.
Auch heute noch werden die Eier an Ostern versteckt und gesucht. Zwar
nicht unbedingt zwischen den Brüsten der Frauen, aber an den
Ostertagen begeben sich noch immer viele Menschen in den Wäldern
und Gärten auf Eiersuche. Vor allem Sportvereine, aber auch andere
Organisationen betreiben diese Spiele in großem Stil. Mancherorts
durchpflügen dabei hunderte von Erwachsenen Wald- und Wiesenstücke,
um möglichst viele Eier zu finden, die Helfer in der Nacht zuvor
verteilt haben.In vergangenen Jahrhunderten waren es vornehmlich Liebespaare,
die die ersten warmen Tage nutzten, um Wildeier zu suchen. Volkskundler
Vossen sieht darin die Ursprünge des österlichen Eier-Suchens:
"In einer vorindustriellen Zeit, als man in seiner Ernährung
noch ganz oder stark vom jahreszeitlichen Rhythmus der Natur abhängig
war, müssen die Eier von ganz besonderem Wert gewesen sein."
Im Frühjahr sind die Wintervorräte zur Neige gegangen, und
die Eier der Vögel waren eine beliebte und notwendige Abwechslung
auf dem Speiseplan. Für den heutigen Speiseplan sind die Schokoladeneier
keine besondere Abwechslung mehr. Eher schädlich sind die mit
Schnaps, Marzipan, Kirschen und vielen anderen Süßigkeiten
gefüllten Kalorienbomben. Auch das schlichte Hühnerei wird
von gesundheitsbewußten Zeitgenossen wegen seines Cholesteringehaltes
während des Jahres eher gemieden. Aber an Ostern suchen und essen
doch alle. Auch den Hasen. Aber woher kommt der eigentlich? Geduld,
Geduld, das nächste Osterfest kommt bestimmt.
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